Tag Archives: Fußball

Public Viewing in Deutschland – Party oder Partie?

20 Jun

Party, Party, Party! Aber was ist mit der Partie? (Quelle:Abendblatt.de)

Party, Party, Party! Aber was ist mit der Partie? (Quelle:Abendblatt.de)

So, und jetzt wird mal Klartext gesprochen. Über Public Viewing, über alkoholisierte Halbstarke und die, die es noch werden wollen.

Wir schreiben Freitag den 18. Juni 2010 irgendwo in Deutschland. Der Tag beginnt wie jeder andere auch – aufstehen, frühstücken, zähneputzen, doch irgendwas ist anders als sonst. Auf den Straßen wehen Flaggen in schwarz-rot-gold, Autospiegel tragen Bezüge in eben diesen Farben und der Apotheker oder die Bäckerin um die Ecke tragen weiße Trikots mit dem Bundesadler auf der Brust.

Ob in der Straßenbahn, an der Universität oder im Wartezimmer in der Zahnartztpraxis – überall steht die eine Frage im Mittelpunkt: „Und, wo guckst du heute Deutschland?“

Opelaner verschieben ihre Arbeitsschichten, fangen an früher zu arbeiten, um um 13:30 Uhr an irgendeinem überfüllten Platz Bochums zu stehen und gemeinsam mit der Masse das zur Zeit so liebgewonnene Public Viewing zu erleben.

Nicht ganz so voll wie 2006, aber dennoch ein Top-Event - das Public Viewing 2010 (Quelle:TZ-Online)

Nicht ganz so voll wie 2006, aber dennoch ein Top-Event - das Public Viewing 2010 (Quelle:TZ-Online)

Deutschland gegen Serbien – diese Partie ist der Grund für die anomalien des deutschen Alltags. Eine Wanne-Eickeler Schule gibt ihren Schülern einen verkürzten Schultag. Feierabend schon um 13:10, damit jeder pünktlich zur Nationalhymne dabei sein kann.

Was passiert dann um 13:30 Uhr in Deutschland? Tausende von Menschen, überwiegend Teenager in Trikot, Mütze und Schal, alles in schwarz-rot-gold, drängen sich vor die Monitore und Leinwände in den Städten. Zuhause gucken ist out. Man guckt nun im Rudel, teileweise mit Menschen, die man auf der Straße normalerweise keines Blickes würdigen würde. Aber plötzlich ist alles anders. Gut die Hälfte der Rudelgucker gehören dem weiblichen Geschlecht an, von der anderen Hälfte haben 30% mit Fußball normalerweise nichts am Hut. Doch man philosophiert über den König Fußball – zumindest versucht man es.

Auffällig dabei ist, dass die am stärksten geschminkten, die am tollsten verkleideten oder die lautesten Schreier von Fußball nicht viel verstehen. Aber muss man das überhaupt? Wozu soll man wissen, wer Tim Wiese ist, oder warum Jogi Löw Klose spielen lässt und nicht Cacau oder Kießling? Im Mittelpunkt steht das Event, wie es im Neudeutschen so schön heißt. Die Party und nicht die Partie stehen im Vordergrund. Und so sieht man nach dem Führungstreffer der Serben nur wenig traurige Gesichter in den Menschenmassen.

Hier wird noch um die DFB-Elf gebangt (Quelle:Badische-Zeitung.de)

Hier wird noch um die DFB-Elf gebangt (Quelle:Badische-Zeitung.de)

Statdessen stößt man immer wieder auf alkoholisierte Halbstarke, die ihre ersten Erfahrungen mit Bier und Schnaps machen. Ein Graus für den Fußballintelektuellen. Wäre er doch lieber mit seinen vier Buchstaben auf der eigenen Couch geblieben und hätte er doch auch mit ein paar ausgewählten Freunden in gelassener Atmosphäre das Spiel vor dem heimischen Fernseher geschaut.

Um 15:17 Uhr, immernoch an diesem besagten Freitag,  scheint das Land wieder zu erwachen. Der Verkehr fließt wieder in alle Richtungen. Deutschland hat zwar verloren und muss um den Einzug ins Achtelfinale bangen, aber Traurigkeit und Enttäuschung ist nur in wenigen Gesichtern zu erkennen. Meist in denen von Menschen ganz ohne Kluft, oder mit einem dezenten schwarz-rot-goldenen Kettchen am Hals. 

In den Gesprächen auf den Straßen hört man nur wenig Spielanalysen oder kompetente Aussagen zum Spiel, sondern wieder die vertraute Frage: „Und, wo guckst du nächste Woche Deutschland?“

Neulich beim VfL…:Heiko Herrlich – Ein Meister der psychologischen Tricks!

22 Apr

Dass es für Heiko Herrlich noch so eng werden würde im Kampf um den Klassenerhalt, habe ich schon gewusst, als man noch neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz hatte.

Damals wollte man „nach oben schauen“ und sich an das Tabellenmittelfeld klammern, missachtend, dass ein VfL Bochum zu allem fähig ist – auch dazu, ein enormes Punktepolster schmilzen zu lassen.

Nicht umsonst zittern sich tausende VfL-Fans Woche für Woche die Knochen in den Boden, wenn der VfL auch mal 3:0 führt (sofern es ausnahmsweise so ist).

Nun ist es so, dass die Lage im Lager des VfL so bedrohlich ist, wie nie zuvor in dieser Saison. Und jetzt steht auch Trainer Heiko Herrlich unter Beschuss, der bis dato von Kritik eher verschont blieb.

Was Herrlich aber jetzt macht, kann als psychologisches Meisterwerk angesehen werden. So legt sich der Fußballlehrer aus dem Schwarzwald mit der schreibenden Zunft an, macht ihr Vorwürfe und lenkt die mediale Aufmerksamkeit damit auf sich. Die Mannschaft, die momentan andere Probleme hat, ist plötzlich aus der Schussbahn.

Was will man mehr? Die Presse konzentriert sich auf den polternden Badde-Wüddebersch-Heiko und das Team um Stani Sestak (in den letzten drei Spielen mit gefühlten sieben Ballkontakten) bereitet sich in Ruhe auf den von Herrlich so betitelten „übermächtigen“ VfB vor. 

Alles richtig gemacht Heiko! Deine Kinder werden wirklich stolz sein auf dich!

Manni Amerell – Täter oder Opfer?

24 Feb

„Amerell küsste mich auf den Mund“. Das sind die schweren Anschuldigungen von Jung-Schiedsrichter Michael Kempter an den ehemaligen Schiedsrichtersprecher Manfred „Manni“ Amerell. In einem Interview mit einer großen deutschen Boulevardzeitung gab Kempter private Details aus seinem „Verhältnis“ zum Amerell preis. Doch nun stellt sich die Frage, wer ist hier eigentlich der Buh-Mann? Amerell oder doch Kempter? Man weiß es nicht.

Manfred "Manni" Amarell - hat ihn Kempter mit seinem Charm nur verführt? (Bild: Bild.de)

Manfred "Manni" Amerell - hat ihn Kempter mit seinem Charm nur verführt? (Bild: Bild.de)

Nicht nur geküsst haben soll Amarell den jungen und angeblich unschuldigen Michael Kempter.  Laut Kempter war es ein „schleichender Prozess“ , der vor gut zwei Jahren begann. „Erst nur mit Hand auflegen auf den Oberschenkeln – und dann wanderte die Hand immer weiter, in die Hose, in den Genitalbereich.“ Man möchte garnicht mehr weiterlesen und wissen wo Mannis Hand noch hinwanderte.

Auch andere Schiedsrichter betroffen

Doch lässt man sich sowas gefallen, nur um seine Schiedsrichterkarriere nicht aufs Spiel zu setzten? „Ich habe versucht es zu verdrängen, aber es kam immer wieder hoch.“ Irgendwann wollte Kempter die Hand Amerells nicht mehr an seinen Genitalien spüren, und packte alles aus. Er habe Informationen bekommen, dass andere Schiedsrichter auch betroffen seien. Lassen diese sich etwa auch vom Grabsch-Amerell betatschen, um weiter munter Fehlentscheidungen in der Bundesliga treffen zu dürfen?

Kempter-SMS macht stutzig

Aber hat es Kempter vielleicht doch alles gewollt, um sich im Nachhinein als Opfer darzustellen, als die pikanten Details an die Öffentlichkeit drangen? Vielleicht hat er Amerell nur ausgenutzt  und ihn dann, als er in den Kreis der angesehenen Schiedsrichter aufstieg, gnadenlos fallen lassen. In einer von Mannfred Amerell veröffentlichen SMS, schrieb Michael Kempter folgende Worte an den Schiri-Sprecher:

„Wieso machen wir alles kaputt? Ist das nötig Denke es ist nicht richtig, dass wir Hass aufeinander haben. Beide haben Fehler gemacht. Doch normal ist alles reparabel, oder? Tut mir echt weh. Komm doch ohne Dich auch nicht klar! Michi“.

Das sitzt. Kempter nahm auch Stellung zu dieser pikanten SMS. Er habe die Sache direkt mit ihm klären wollen, hieß es im Enthüllungsinterview.

Keine Angst vor Anfeindungen

Dass Michael Kempter in Zukunft von den Fans in den Stadien angefeindet und der Homsexualität beschuldigt wird, ist für den 27-jährigen Schiri kein Thema. „Schwul“ sei er nicht, bekräftigt Kempter.  Im 21. Jahrhundert zwar kein Problem mehr, in den Fußballstadien Deutschlands aber immernoch ein Tabuthema. Deshalb auch die ganze Würze in der Angelegenheit. Schlimmer wiegt nur die Angelegenheit, dass, vorausgesetzt die Angaben Kempter stimmen, ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wurde.

Im März soll Michael Kempter wieder auf dem Platz stehen und als Unparteischer die Spiele der Fußball-Bundesliga leiten. Hoffentlich ohne Anfeindungen. Denn ob die Aussagen des Schiedsrichter tatsächlich stimmen, kann noch niemand beurteilen. Die Frage nach Täter oder Opfer scheint jedoch klar, solange Amerell nichts konkretes aufweisen kann.

Wahrscheinlich wird nie wirklich ans Tageslicht kommen, wer, wo , wann, wen angefasst, geküsst oder sonst was gemacht hat. Vielleicht ist es auch besser so.

Die 10 goldenen Regeln für pessimistische Stadiongänger

1 Dez

Eine eher ungewöhnliche Auflistung von Regeln für den etwas anderen Stadiongänger.

Der Stadiongang - nicht immer ein Vergnügen

Der Stadiongang - nicht immer ein Vergnügen

1. Trage lediglich einen Schal deines Vereins (ja, auch im Sommer!). Wenn du aber zu den sogenannten „Kuttenträgern“ gehören möchtest, so streife dir ein Trikot oder gar eine Weste mit den Aufnähern deines Vereins über. Diese Utensilien werden dich in der Regel vor aggresiven Ultra-Gruppierungen des Gegners retten, da Ultras bei ihren Übergriffen meißt „Kuttenfans“ außer Acht lassen. Ansonsten reicht der dezente Fanschal.

2. Fahre nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Andernfalls darfst dir dann zwar die Birne vollsaufen, ansonsten hast du aber nur Nachteile: Schweißacheln des Bahnnachbarns im Gesicht, Bierdusche, saunaähnliche Temperaturen im Bus/in der Bahn.

3. Kaufe dir keine Brat- oder gar Currywurst im Stadion. Warum? Sie ist teuer, du wirst nicht satt und meist schmeckt sie einfach nur wie eingeschlafene Füße.

4. Besorg dir eine Sitzplatzkarte. Stehen ist anstrengend. Zudem ist es meist so, dass genau eine Minute vor Anpfiff sich der größte Mensch im Stadion vor dich stellt. Im Idealfall ist dieser Raucher und qualmt dir die Lunge voll. Kümmer dich nicht um den Preis für die Karte. Das Geld bekommst du schon wieder durch das Boykottieren von Brat- oder Currywurst herein.

5. Sage Adé zu deiner Dauerkarte. Warum musst du im Vorhinein Geld dafür zahlen, dass dein Verein wohlmöglich nach 18 Spielen nur fünf Punkte auf dem Konto hat? Zahle für adäquate Leistung und belohne den Verein für guten Fußball.

6.  Schone deine Nerven! Deine Mannschaft liegt 0:3 zurück? Es ist Halbzeit und du hoffst auf die wohl größte Aufholjagd der Vereinsgeschichte? Solange du kein Bayern-Fan bist, kannst du diese Hoffnungen ad acta legen und dir die Kräfte für die anstehende Woche sparen.

7. Gebe Acht bei Auswärtsfahrten. Entferne alle Aufkleber und Fanutensilien an deinem Auto, wenn du nicht willst, dass es vor und nach dem Spiel von Heimfans als Trampolin benutzt wird.

8. Ignoriere die Anzeigetafel. Nicht selten kommt es vor, dass während eines wichtigen Spielzugs deiner Mannschaft die Ergebnisse von den anderen Spielen eingeblendet werden und du währenddessen das wohlmöglich einzige Tor deines Teams verpasst.

9. Unterlasse Schmähgesange gegen den Gastverein. Schone lieber deine Stimme und schreie deinen eigenen Verein nach vorne, falls du nicht willst, dass beim Gegner durch die Provokationen ungeahnte Kräfte freigesetzt werden.

10. Freu dich niemals zu früh. Deine Mannschaft hat den Gegner im Griff und führt souverän mit 3:0. Die Fans erheben sich von ihren Sitzen und singen „Oh wie ist das schön“ – bleibe sitzen und erzähle ihen von der Mailänder 3:0-Halbzeitführung im Champions-League-Finale gegen Liverpool. Die Eingeweihten werden sich schnell wieder hinsetzen.